Das oberste deutsche Gericht ist keine Börse und auch keine Politikberatung. Es widmet sich Werten, die sich nicht direkt zu Geld machen lassen, und die sich dadaurch der Not der Umstände zu einem gewissen Grad entziehen. Das verzeiht ihnen der galoppierende Sachzwang namens “Euro-Rettung” nicht, und die Herren Lammers et al. noch viel weniger. Sie fordern: Justiz nach Maß, und zwar nach “politischem” Maß.
Eine profunde Kenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge gehört indes nicht in den Aufgabenbereich des Bundesverassungsgerichts. Es hat sich um Gesetze zu kümmern, und soweit ihm das möglich ist, in diesem Zusammenhang auch um Gerechtigkeit.
Es geht dem Gericht, seinem verfassungsmäßigen Auftrag nach, allein um die demokratische Verfassung dieser Gesellschaft. Sie, die demokratische Öffentlichkeit, ist die Richtschnur seiner Entscheidungen, und nicht die “politischen” Interessen der Herren Lammers, v. Lambdsorff, Brüderle und Schulz (SPD).
Es erinnert die aktuelle Konfrontation von ferne an den Streit zwischen Kaiser und Kirche im Mittelalter. Es ging um das Primat in der Politik, und wir wissen, wie dieser Streit ausgegangen ist: Die Macht des Kaisers hat sich durchgesetzt, zumal sie die besseren Argumente auf ihrem Sparkonto hatte; transzendente Werte hatten sich einfach als zu umständlich erwiesen.
Alldieweil Deutschland im Urlaub ist, steht zu hoffen, dass keiner sehr viel davon mitbekommt, in welcher Wirklichkeit er nach den Ferien aufwachen wird, denn wehe, wenn sie losgelassen.