Am vergangenen Wochenende mokierte sich ein Administrator des offiziellen Facebook-Accounts der Piratenpartei über einen Artikel, der ihm nicht passte. Spiegel-Online hatte zuvor über eine interne Vorstandsitzung berichtet. Der Administrator konterte nicht nur auf der Facebook-Seite mit einem Lied, in dem es auch um den Spiegel geht.
Das Lied stammt von der verschwörungsideologischen Band „Die Bandbreite”, die im letzten Jahr auch auf einer Reichsgründungsfeier auftrat, bei der sich ein Sekten-Guru zum König seines kleinen deutschen Reiches krönen ließ. Die Band hat — neben Liedern in denen es um den 11. September und die Mondlandung geht — auch ein Lied zum Spiegel verfasst. Mit diesem Lied reagierte die Band auf Artikel, die über den Online-Auftritt des Magazins verbreitet wurden. Dort geht es aber nicht nur um den Spiegel, der „die meisten Lügen im Land” verbreiten würde, sondern auch um den amerikanischen Präsidenten, der als „O’Butcher” bezeichnet und als „Marionette” der „Wallstreet” gezeichnet wird.
Dieses Lied wurde nun über die offiziellen Accounts der Piratenpartei verbreitet. Auf der Facebook-Seite, die mehr als 70.000 Menschen gefällt, fanden sich schnell einige kritische Sätze, aber auch zahlreiche Verteidigungsreden und ein weiteres Video der Band. Im dazugehörigen Lied geht es um die Entstehungsgeschichte der AIDS-Krankheit. Die Band rekurriert hier auf die einschlägigen Verschwörungsmythen und reproduziert die Behauptung, dass diese Infektionskrankheit in Wirklichkeit in mysteriösen Geheimlaboren entstanden sei. Die Band beruft sich dabei auch auf den antisemitischen Autoren Wolfgang Eggert, der in seinen Büchern „die Zionisten” für Shoa und Nationalsozialismus verantwortlich macht.
Der Administrator der offiziellen Accounts der Piratenpartei wollte das Lied, das auch auf die kruden Ideen eines antisemitischen Verschwörungsideologen zurückgeht, allerdings nicht entfernen. Er „zensiere das nicht ohne richterliche Anweisung”, schrieb der Pirat und verwies außerdem auf einen zweistündigen Rede-Marathon, in dem sich einige Partei-Kader über den Umgang mit verschiedenen Verschwörungsmythen unterhalten.
Letztendlich verschwand der Beitrag dann doch von der Facebook-Pinnwand der Partei, weil der Spiegel-Online Artikel den Tatsachen entsprach. Zwar räumte der Verantwortliche zerknirscht ein, dass die Veröffentlichung des Videos „extrem dämlich” gewesen sei, beklagte sich aber auch darüber, dass „alle wie blöd” eskalieren würden. Außerdem munkelte er über einen „durch die Presse lancierten Shitstorm”. Mit dieser verschwörungsideologisch angehauchten Paranoia vor der Presse, die die Partei mit Medien-Berichten bedroht, reproduzierte der Verantwortliche lediglich einen weiteren Verschwörungsmythos, der in seinem Milieu verbreitet wird.
Nun existiert eine Initiative, die den Administratoren und den Nutzern der offiziellen Facebook-Seite den Persilschein ausstellen soll, damit sie dort weiterhin verschwörungsideologische Videos verbreitet können. „Keinerlei Zensur auf den Social Media Plattformen der Piratenpartei”, lautet ein Vorschlag, über den zur Zeit abgestimmt werden kann. So könnten dort also auch in Zukunft Verschwörungsmythen und die Videos der Band veröffentlicht werden, die diese Mythen mit ihren Liedern bewirbt.