Irische Briefmarke für den Nazi-Kollaborateur Sean MacBride
Alle Fotos: markhumphrys
Es ist noch gar nicht so lange her, da stand die FDP allgemein in dem Ruf, die am stärksten “ent-nazifizierte” Partei der deutschen “Politik” zu sein. Diese Zeiten sind nach dem Wegsterben ihrer Gründergeneration vorbei, aber noch immer hält sich in der Öffentlichkeit das Gerücht, bei der FDP wären einmal mehr Alt-Nazis beschäftigt gewesen, als bei ihrer Partnerorganisation, dem BND.
Das Auswärtige Amt, ebenfalls eine Hochburg der FDP und bis heute einer ihrer vornehmsten Arbeitgeber, verfügt, zusammen mit dem deutschen Auslandsgeheimdienst, über hervorragende Kontakte vor allem in diejenige Region, in der das Herz für den Nationalsozialismus schlug und schlägt; das ist der selbe Nahe Osten, wo man seit dem 8. Mai 1945 für den “Endsieg mit anderen Mitteln” kämpft.
Vor allem in Ägypten und Irak fiel es dem Auswärtigen Amt leicht, eine vom deutschen Faschismus inspirierte Variante von nationaler Befreiungsbewegung zu organisieren. In Ägypten gründete Hassan al-Bannah seine heute unter dem Namen “Moslembruderschaft” bekannte “Partei”. Im Irak organisierte das Nazi-Außenamt 1942 einen Staatsstreich, angeführt durch Ali Al-Gaylani, um militärisch in den Rücken der Alliierten zu gelangen; später wurde die irakische Ba´ath-Partei von Saddam Hussein daraus.
Dieser historische Hintergrund bildet mit den “Kein Blut für Öl”-Demonstrationen und Ostermärschen der deutschen “Friedens”-Bewegung einen stimmigen Zusammenhang. Dass die Erkennungszeichen der beiden später unabhängigen Staaten, Ägypten und Irak, jeweils aus der auf den Kopf gedrehten Flagge des Deutschen Kaiserreichs bestehen, muss selbstverständlich ein dummer Zufall sein.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bot sich der Nahe Osten dann als strategischer Rückzugsraum für überzeugte Nationalsozialisten an, die den “Endsieg” nun eben kapitulationsbedingt “mit anderen Mitteln” erkämpfen mussten und wollten: Das war die Geburt des “legitimen Widerstands”, der heute sogenannten “Palästinenser” und der PLO.
Noch heute wundern sich naive Gemüter westlicher Geheimdienste, warum der BND in der Region die besten “Quellen” hat. So soll es der deutsche Auslandsgeheimdienst gewesen sein, der CIA und MI6 einst das Märchen von den irakischen Massenvernichtunsgwaffen untergejubelt hat, durch einen der prominentesten Klienten der Deutschen, den damaligen Atomwaffen-”Inspektor” der UN, El-Baradei.
(Apropos: Immerhin handelt es sich bei der iranischen Bombe um die vorläufig beste Möglichkeit, wie Dual-use-Germany doch noch auf halbwegs “legalem” Weg Atommacht werden kann).
Dass Curveballs, alsoEl-Baradeis, “Nachrichten” von irakischen Massenvernichtungswaffen den Alliierten später auf die Füße fallen würden, wenn sich nämlich herausstellen sollte, dass die Story nicht stimmt, wird der BND zumindest billigend in Kauf genommen haben; immerhin stand diesmal endlich einmal nicht Deutschland, sondern es standen die “Sieger” ziemlich blamiert da.
Das würde auch Joschka Fischers “I am not convinced” Theater bei der Münchner Sicherheitskonferenz im nachhinein plausibel machen: Ohne ein derartiges Insiderwissen hätte der Dachlattensponti aus dem AA es wohl nicht gewagt, US-Außenminister Donald Rumsfeld im derartig dicken Strahl anzupinkeln, zumindest nicht vor den laufenden Fernsehkameras der ganzen Welt.
Konsistent mit dem deutschen Vorgehen als sogenannter “ehrlicher Vermittler in der Region” waren die Curveball-”Informationen” und Counter-Desinformationen, die der Minister der Grünen in Umlauf gebracht hat, allemal; insofern konnte der BND diese Kröte, Joschka Ficher in seiner Funktion als Außenminister, schlucken ohne das Gesicht zu verlieren – das Auswärtige tat es ja auch.
Und es wird dies nicht das erste Mal gewesen sein, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst seinem “befreundeten” Westen vergiftete Kost aufgetischt hat. Immerhin hält sich hartnäckig das Gerücht, zur Zeit der Kuba-Krise hätten die Deutschen die “Nachricht” in die Welt gesetzt, die sowjetischen Raketen wären mit atomaren Sprengköpfen bestückt (was sie nicht waren) um zur Eskalation zu zwingen.
Die Vorstellung, die Konfrontation der beiden Blöcke soweit zu treiben, dass Deutschland im Rahmen einer “neutralen” Pufferzone zwischen Ost und West doch noch wiedervereinigt werden könnte, war 1961 möglicherweise noch nicht endgültig vom Tisch des Bundeskazleramtes verschwunden; auch nicht um den Preis eines dritten, atomaren Weltkriegs.
Das sind selbstverständlich nur zwei Höhepunkte in der “politischen” Laufbahn der Auslandsbehörde, die sich aus den übriggebliebenen Kadern von Deutschlands letzter faschistischer Etappe gebildet hat; mehr oder weniger mit dem Wissen der Alliierten, denn auf irgendwelche personellen Kontinuitäten musste man nun mal zurückgreifen, wenn man aus Deutschland eben doch keine Agrarnation machen wollte.
Für das Personal des deutschen Faschismus gab es, abgesehen von der freiwilligen oder erzwungenen Selbstliquidation, zum Stichtag des 8. Mai 1945 die drei folgenden Optionen:
Verbleib in einem befreundeten Umfeld. Das traf maßgeblich auf den Nahen und Mittleren Osten zu, wo umfangreiche Kontakte zu “nationalen Befreiungsorganisationen” bestanden; mit der nicht ganz unwahrscheinlichen Aussicht darauf, in ein paar Jahren wieder gebraucht zu werden.
Flucht in ein “neutrales” Land. Lateinamerikanische Staaten boten sich an, vor allem Argentinien, in den 40ern bei den Alliierten ofiziell als faschistischer Staat bekannt. Nur durch seine Kriegserklärung gegen Nazi-Deutschland in letzter Minute verstand das Peroón-Regime in Buenos Aires sich halbwegs unauffällig aus der Affäre zu ziehen.
Verbleib in Deutschland, vor allem in der BRD. Für die Funktionsträger des Nationalsozialismus die bequemste Option, zumal sie davon ausgehen konnten, nach einer kurzen Übergangsphase doch wieder “in Amt und Würden” zu gelangen; zumindest, wenn sie sich nicht zu sehr duch ihren “politischen Übereifer” und andere Verbrechen exponiert hatten. Oder wenn sie sich zumindest gegenseitig zu decken und zu entlasten verstanden, durch die Persilscheine, die sie sich gegenseitig ausstellten.
Als Arbeitgeber boten sich die selben Berufsfelder an, in denen das Personal des deutschen Faschismus bereits vor 1945 zu Gange war: Ärzte, Rechtsanwälte, freie Berufe und die Behörden. Bei letzteren maßgeblich das deutsche Außenamt und beide Geheimdienste. Auf diesen Gebieten waren, abgesehen von NS-Kadern, dem Staat als zukünftigem Arbeitgeber kaum nennenswerte Kenntnisse zur Hand.
Bei der Bundeswehr achtete man eventuell etwas besser darauf, sich nicht zu sehr mit “Altlasten” zu belasten. Immerhin war diese Stelle des deutschen Staatsapparates während des Kalten Krieges, im Rahmen der Zusammenarbeit mit der NATO, international sehr exponiert.
Und wer bei der Organisation Gehlen oder dem Auswärtigen Amt nicht unterkam, und wer auch sonst nichts konnte, dem blieb immer noch der Gang zur FDP; “Politik” machen konnte schließlich jeder, und wer auch davon nichts verstand, konnte bei der FDP schnell alles notwendige lernen. Nicht umsonst galt diese Organisation in den 1950ern bei Kabarettisten und anderen Hofnarren der BRD mehr oder weniger unumstritten als “die entnazifizierteste deutsche Partei”.
Und diese FDP bietet nun, als ob nichts wäre, durch ihren Think-tank, die Friedrich-Naumann-Stiftung, Kurse an, in denen Moslembrüder und andere Führer des sogenannten Arabischen Frühings lernen, wie man mit Hilfe von Twitter, Facebook und anderen “sozialen” Netzwerken eine schneidige “Revolution” machen kann; vertreten durch ihr Büro in Kairo, wo man sich auch gerne mal mit den Moslembrüdern fotografiert.
Nicht, dass die deutsche Außenpolitik erst seit dem letzten Jahr ein Interesse daran hätte, die Region nach ihren Vorstellunge zu gestalten. In Syrien unterstützt der BND die Moslembruderschaft mit dem Plazet der Bunderegierung – oder wie hat das Messboot “Oker”, die Fregatte A53, es wohl sonst in den Aufstand gegen el-Assad geschafft?
Aber, auch wie es das derzeit gängige Sturmgewehr der GSG9 nach Lybien schaffen konnte, versteht sich in der deutschen Regierung keiner zu erklären. Hat man für den Fall, erwischt zu werden, jetzt noch immer keine “Erklärung” parat? Hat man in den Generationen deutscher Außenpolitik nichts dazugelernt, liebe FDP?
Ob die Erklärung vielleicht darin besteht, dass die GSG9 erst 2008 die Truppen der Gaddafi-Diktatur dahingehend gedrillt hat, wie man Oppositionelle bekämpft? Eine Geschichte, die in Germany nicht ohne Grund nur marginal bekannt geworden ist (viele Grüße an die deutsche Journaille, a.k.a. investigativer Journalismus plus Staatsfunk – Ihr habt dichtgehalten!).
Aber nicht nur mit der deutschen Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch mit der ausfuhrrechtlichen Nachbetreuung der Produktdemonstration durch die GSG9 in Lybien hat es offensichtlich bestens geklappt. Nur eines noch, liebe deutsche Bundesregierung: Weder in Washington noch in Whitehall macht man sich besonders beliebt, wenn nominell befreundete Truppen wieder mit deutschen Waffen ermordet werden, oder gar ziviles Botschaftspersonal. Ist das eventuell in Benghazi geschehen?
Was soll das Ganze? Über die Parteizugehörigkeit der Angestellten einer handelsüblichen deutschen Industrie- und Handelskammer ist jede Spekulation erlaubt. Aber dass ausgerechnet die FDP dort nicht gerne gesehen werden sollte, scheint mehr als zweifelhaft.
Das ganze Panoptikum besteht aus: “zivilgesellschaftlichen” Umsturzversuchen bei gleichzeitiger Parteinahme für die Moslembruderschaft; Unterstützung von Diktatoren bei gleichzeitigem Verzicht auf den Einsatz eigener Truppen an der Seite von “befreundeten” demokratischen Regierungen; sowie der Funktion als Basis für Terroroperationen bei gleichzeitig stets “in letzter Minute” auffliegenden Anschlagsplänen im eigenen Land. Das sind die geradezu klassischen Symptome deutscher Außenpolitik, und die beschränkt sich weder auf den Nahen Osten, noch auf die FDP.
Auch bei der SPD versucht man, treu nach der historischen Friedrich-Ebert-Devise “einer muss den Bluthund spielen”, seinen Beitrag zu jeder Destabilisierung zu leisten, von der Deutschland profitiert – um den war effort nach 1945 voranzubringen?
Unterstützt doch die SPD in Wales und Schottland “nationale Befreiungsbewegungen”, die sich aus dem Vereinigten Königreich unabhängig zu machen bemühen. In Schottland ist das pikanterweise die Scottish National Party. Dieselbe Organisation, die sich auch Nazi-Deutschlands Außenamt auserkoren hatte, um nach der Operation Seelöwe eine zweite Front gegen England aufzumachen.
Das ist dieselbe SPD, die Tariq Ramadan, Großneffe von Gamal al-Bannah (aus der Hassan al-Bannah Dynastie), zu einem “politischen” Klönschnack über die Zukunft des Nahen Ostens eingeladen hat. Tariq Ramadan ist das prominenteste Mundstück des französischen Antisemitismus mit Lehrauftrag in Freiburg (wo sonst?). Die SPD ist bekanntlich dieselbe Partei, in der Angelika Nahles und andere stolz darauf sind, zum “demokratischen Arm” der Fatah zu gehören; Veranstaltungen mit der Hamas gehören für die SPD nicht erst seit gestern zum guten Ton.
Dass Nazi-Deutschland, vertreten durch seinen Auslandsgeheimdienst und dessen Außenpolitik, der maßgebliche Förderer der irischen Unabhängigkeitsbewegung, namentlich der IRA, gewesen ist, dürfte nur in Deutschland selber noch immer unbekannt sein. Diese Tradition deutscher Außenpolitik stellt auch die ausgemachte Irophilie nachkriegsdeutscher Intellektueller wie Heinrich Böll (“Irisches Tagebuch”) in ein bemerkenswertes Licht.
Nun ja, wir brauchen nicht bis zu den Tagen des Zimmermann-Telegramms zurückzugehen um zu verstehen, dass Deutschland sehr reiche, wenngleich überwiegend erfolglose, Erfahrungen damit hat, “neutralen” Staaten hinterhältig in den Rücken zu fallen, nachdem es sie für seine Zwecke ausgenutzt hat; drum, liebe Iren, seid gewarnt.
Dasselbe nun aber unter dem Schlachtruf der “besonderen Verantwortung” und der “westlichen Wertegemeinschaft” auch bei sogenannten Freunden zu tun, stellt tatsächlich eine Innovation der deutschen Außenpolitik dar.
Gerrit Liskow via haolam