Die Eilfertigkeit, mit der die Bundesregierung versucht, die Aufführung jenes ominösen „Schmähfilms“ über den Propheten Mohammed verbieten zu lassen, ist beschämend und beängstigend. Willfährig akzeptiert man die islamistische Lesart von Meinungs- und Kunstfreiheit, der zufolge diese nicht für die Darstellung des Propheten Mohammed oder anderer islamischer Glaubensinhalte gelten dürfe, von der sich religiöse Extremisten „beleidigt“ oder „gedemütigt“ fühlen könnten.
In dieser Grundstimmung erscheint die Veröffentlichung von Mohammed-Karrikaturen durch die Satirezeitschriften „Charlie Hebdo“ und „Titanic“ nicht als Wahrnehmung eines selbstverständlichen Grundrechts, sondern als verantwortungsloser Versuch, „weiteres Öl ins Feuer zu gießen“. Als sei die gezielte, von Tätern mit Namen und Adresse angezettelte Gewalt so etwas wie ein unabwendbares Naturereignis!
Einige deutsche Kommentatoren argumentieren neuerdings, der freiwillige Verzicht auf Mohammed-Satire im Angesicht akuter Gefahr für Leib und Leben stelle keineswegs eine Preisgabe der Meinungsfreiheit dar, sondern beweise einen souveränen, verantwortungsbewussten Umgang damit. Welch eine Logik, die unsere elementaren Freiheitsrechte zu Schönwetterwerten degradieren will, deren Genuss wir uns nur gönnen dürften, solange sie uns nicht von ihren Todfeinden unter Gewaltandrohung bestritten werden!
Ob aber die inkriminierten Videoschnipsel ebenso wie einzelne Karikaturen gegen Straftatbestände wie Volksverhetzung oder Störung des Religionsfriedens verstoßen, haben in einer rechtsstaatlichen Demokratie ausschließlich unabhängige Gerichte zu entscheiden. Wer sich also von dem Film herabgesetzt fühlt, kann Klage bei der Justiz einreichen, er oder sie darf natürlich auch lautstark gegen den Film protestieren und demonstrieren – jedoch nur mit strikt friedlichen Mitteln. Jeder hat freilich auch das Recht, sich das potenzielle Ärgernis einfach nicht anzusehen.
Vor gut eineinhalb Jahren lief in Deutschland der türkische Film „Tal der Wölfe – Palästina“ ganz offiziell in zahlreichen Popcornkinos. Der in deutschen Medien verniedlichend als eine Art „türkischer 007“ apostrophierte Streifen erinnerte in seiner Machart weit mehr an „Jud Süß“ als an James Bond.
In ihm werden israelische Juden als rassistische, verschwörerische Massenmörder dargestellt, die der türkische Held reihenweise abknallt. Doch weder wurde in Israel von einem entfesselten jüdischen Mob die türkische und deutsche Botschaft gestürmt, noch hatten die Macher des Films wie auch die Kinobetreiber mit schlimmeren Konsequenzen zu rechnen als einem geharnischten Verriss im Feuilleton.
„Doch weder wurde in Israel von einem entfesselten jüdischen Mob die türkische und deutsche Botschaft gestürmt“
Die Israelis scheinen daher nicht derart bildungsfern zu sein wie die unbeholfenen Muslimen.